WALDECK „Atlantic Ballroom“ | VÖ 12.10.18

Klaus Waldeck’s legendäres Album “Ballroom Stories” feierte dieses Jahr den 10. Geburtstag. Für sein Label Dope Noir Records der perfekte Anlass, um das Jubiläum mit der Veröffentlichung eines würdigen Nachfolgers mit dem verheißungsvollen Namen Atlantic Ballroom” zu feiern. So weit, so gut. Für Waldeck aber auch ein Grund innezuhalten und sich über den Rahmen eines gewöhnlichen Pressetextes hinaus Gedanken zu machen.

Von Fußfesseln und anderen Umwegen:
Dass „Ballroom Stories“ sämtliche Erwartungen übertroffen hat und sich vom Geheimtipp zum internationalen Dauerseller entwickelt hat, freut natürlich Künstler und Waldeck’s Plattenfirma weckt aber auch Erwartungshaltungen und Begehrlichkeiten. Da sind zum einen die Fans, die nach einem Album „im Stil von“ fragen. Auch bekannt als die Electro-Swing Fußfessel. Dabei wurde der Begriff „Electro-Swing“ erst nach der Veröffentlichung von „Ballroom Stories“ geprägt. Dass Waldeck laut Wikipedia zu den Begründern des Electro Swings zählt, ist wenig tröstlich. Auf einen fahrenden Zug, auch wenn man ihn selbst ins Rollen gebracht hat, sollte man bekanntlich nicht aufspringen.

Zudem heften sich seit einiger Zeit Algorithmen um den Fuß des Künstlers, von denen man sich nur schwer befreien kann. Die Algorithmus Fußfessel: Ein längeres Song-Intro? …Fehlanzeige. Wenn man die ersten 30 Sekunden nicht übersteht, dann wird weitergeklickt. Das von Künstler Waldeck so geliebte Album Format ist durch die letzten Entwicklungen Musikmarkt gehörig unter Druck geraten.

Dem ersten Dilemma wollte Waldeck schon 2016 entgehen, indem er sich kurzerhand entschloss, entgegen dem gedachten Publikumswunsch nach mehr Electro Swing mutig seinem eigenen Wunsch zu folgen und das italienische Spaghetti & Western Album „Gran Paradiso“ zu veröffentlichen.

Der gewünschte Befreiungsschlag blieb aus: Selbst während eines Saunabesuchs in Wien wurde Waldeck von einem enttäuschten Fan erkannt und darauf aufmerksam gemacht, dass diesem „Ballroom Stories schon besser gefalle als Gran Paradiso“. Auch von Seiten von Waldeck´s Hamburger Musikverlag gab es Schelte: „Was willste mit ‘nem italienischen Album“?

Der kurze Ausflug in die Gefilde des Spaghetti Western und des italienischen Canzone haben sich aber zumindest insofern bezahlt gemacht, als Waldeck dadurch auf Umwegen seine jetzige Hauptsängerin Patrizia Ferrara kennenlernte. Sie ist halbe Sizilianerin und halbe Österreicherin, und hat die letzten Jahre ihrer musikalischen Karriere in Brooklyn verbracht, bevor sie wieder in ihre Heimat zurückgezogen ist.

Was also tun? Alte Rezepte aufwärmen? Doch wieder auf den fahrenden Zug aufspringen? Italienisch…? Eher nicht.

Ein neuer Ballroom ganz ohne Electro und Swing? Eine Prise James Bond…? Oder gar High-Speed Bossa Nova, Electro Rumba? Klingt vielversprechend, aber ein bisschen Swing, darf doch wohl dabei sein, nicht?

Die Geburt von „Atlantic Ballroom“ – auf der Suche nach der verlorenen Zeit:
Waldeck versucht erst gar nicht alte Rezepte aufzuwärmen und erschafft einen neuen – erstaunlich erfrischenden Ballroom. Von den Geburtswehen spürt man als Zuhörer nichts und wird sofort in den Bann des „Atlantic Ballroom“ gezogen. Es herrscht Aufbruchstimmung. Wie schon bei früheren Veröffentlichungen unterstreicht Waldeck seine Fähigkeit, ein neues Sound Universum zu kreieren. Dabei erweckt die Musik das Gefühl, als würde man sich an etwas erinnern, dass man gar nicht erlebt hat.

Waldeck spielt mit verrauchten Jazz Riffs & bluesigen Piano Figuren. Man spürt eine Prise Wiener – Elektronik, jedoch sparsam und dezent. Zu Recht fragt man sich als Zuhörer, wie es möglich ist, ein so gediegenes und entspanntes Album abzuliefern, wenn doch die Umstände alles andere als leicht zu sein scheinen. Waldeck hierzu lapidar: „Leichtigkeit beim Zuhörer herzustellen ist meist nicht leicht.“

Mit dem Eröffnungs-Track Rough Landing” weist Waldeck die Richtung. Der Song wäre perfekt als Titelsong für einen noch zu drehenden Bond Film – vielleicht “James Bond in Paris” (2024)“? Das passt zum Albumtitel, denn irgendwie muten die 12 Stücke sehr „transatlantisch“ an und verweisen auf eine Ära, als sich viele Jazzmusiker in den frühen 1960iger Jahren in Paris tummelten. Auch der Ohrwurm Never Let You Go“ – ein kleines Zugeständnis an die Freunde des Swings – mutet frankophil und versonnen an.

Die Feature-Liste wird von Ferrara angeführt, aber auch Langzeit Wehgefährtin und Soul-Legende Joy Malcolm ist wieder dabei, unter anderem mit dem Northern Soul Smash Hit Keep My Fire Burning“ sowie der in Wien lebende Big John Whitfield bei „Bring My Baby Back Home“.

Waldeck’s musikalische Einflüsse für dieses Album reichen von Henry Mancini, John Barry, Wes Montgomery, Fats Waller, Lalo Schiffrin bis hin zu Dave Brubeck. Spielte bei „Ballroom Stories“ noch die Klarinette die Hauptrolle, so sind es bei „Atlantic Ballroom“ die Blechbläser, allen voran die Trompete.

Ironie des Schicksals oder einfach Gespür: Wie schon bei „Ballroom Stories“ bei welchem einer vergangenen Ära, nämlich den 1920 und 1930iger Jahren nachgespürt wurde, fängt Waldeck – diesmal quasi in Echtzeit – das Ende einer Ära musikalisch ein: die für viele von uns für unumstößliche gehaltene Nachkriegsordnung des transatlantischen Bündnisses scheint gerade unwiederbringlich ins Wanken geraten zu sein.

Dope Noir says: „there is no sin”

 

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